Liebe Leserinnen und Leser,

Die Wirbelsäulenchirurgie ist ein sehr spezialisiertes Fachgebiet und Sie können sich vorstellen, dass die meisten meiner „Kundinnen und Kunden“ mich nicht gerade freiwillig besuchen. Was bewegt einen Menschen also dazu, sich als Wirbelsäulenchirurg zum Wirbelsäulen-Spezialisten ausbilden zu lassen? Wie schafft man es, sich in dieser medizinischen Nische zu etablieren und wie sieht der Alltag eines Wirbelsäulenchirurgen aus?

Wirbelsäulen-Spezialist NRW

Heute verrate ich Ihnen ein wenig etwas zu meinen persönlichen Werdegang und meiner Motivation, die Wirbelsäule zu meinem Spezialgebiet zu machen.

Nicht nur bei meinen Patientinnen und Patienten, auch bei neuen Bekannten und professionellen Kontakten kommt immer wieder die Frage auf, wie man sich dazu entscheidet, den Weg des Wirbelsäulenchirurgen einzuschlagen. Unabhängig davon, dass viele Menschen es nicht nachvollziehen können, als Chirurg tätig zu sein, erweckt der Beruf des Wirbelsäulenchirurgen besonderes Interesse. Wie bin ich also dazu gekommen, diesen Beruf zu meiner Berufung zu machen?

Wenn ich groß bin, werde ich Arzt

Schon als kleiner Junge begeisterten mich Arztserien im Fernsehen. Spätestens auf dem Gymnasium stand meine Berufswahl dann für mich sicher fest – ich werde Arzt! Doch natürlich hat man als Teenager auch andere Dinge im Kopf und auch in Griechenland ist die Schwelle für ein Medizinstudium hoch gesteckt. Die enormen Bemühungen und der sehr gute Abschluss reichten nicht, der Numerus clausus war geringfügig zu niedrig, um einen Studienplatz an der Universität in Athen zu erhalten. Erst im darauffolgenden Jahr hätte ich mit dem Medizinstudium beginnen können. So lange wollte ich nicht warten.

Auf dem Weg nach Deutschland

Wer sich etwas vorgenommen hat, der sollte es auch umsetzen. Und so war für mich rasch entschieden, dass die Migration der schnellste Weg zu meinem Berufswunsch war. Es folgten einige Deutsch-Crash-Kurse und 8 Monate später begann mein Studium für Humanmedizin an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Sechs Jahre später erfolgte mein erfolgreicher Hochschulabschluss.

Faszination Neurochirurgie

Neurologie - Schädigung der Nerven an der WirbelsäuleBereits zum Ende des Studiums stand für mich fest, dass die Neurochirurgie das Fachgebiet war, auf dem ich in Zukunft arbeiten wollte. Weniges ist ähnlich faszinierend wie die Funktionsweise des zentralen sowie des peripheren Nervensystems. Es steuert unsere Bewegungen ebenso wie die Funktionen unseres Körpers – dabei sind einige Vorgänge bewusst, andere unbewusst, und doch greift alles ineinander. Ein wahres „Wunder der Natur“.

Ausbildung als Neurochirurg

Am Anfang meiner neurochirurgischen Ausbildung habe ich darauf geachtet, das Beste von jeder Klinik, in der ich gearbeitet habe, mitzunehmen. Bewusst habe ich kleinere, in der Peripherie liegende Kliniken gewählt. Ärzte in der Ausbildung werden hier schneller auch in der Praxis einbezogen und es war mich wichtig, möglichst frühzeitig „OP-Luft schnuppern“ zu können, um mir mit der Wahl meines Fachgebiets Neurochirurgie sicher zu sein.
Die Facharztausbildung zum Neurochirurgen wurde dann in einer großen neurochirurgischen Klinik abgeschlossen.

Auf diese Weise konnte ich nicht nur relativ früh OP-Erfahrungen sammeln sondern machte mich auch mit den verschiedensten Operationsmöglichkeiten vertraut. Eine breite Erfahrung ist sehr hilfreich, wenn es darum geht, nach Erhalt der entsprechenden Qualifizierung seinen eigenen Operations- bzw. Behandlungs-Stil zu finden.

Spezialisierung Wirbelsäulenchirurgie

Und wie kam ich auf die Idee Spezialist für die Wirbelsäule zu werden? Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass die Qualifikation „Wirbelsäulenchirurg“ keine gesonderte Facharztausbildung bedeutet. Es ist ein Fachbereich, der eine Schnittstelle verschiedener Disziplinen darstellt und zu dem Neurochirurgen und Orthopäden, aber auch Unfallchirurgen und Chirurgen Zugang haben. (Mehr dazu lesen Sie auch in meinem Artikel zur Wirbelsäulenchirurgie in Deutschland.)

Neurochirurgie Wirbelsäule - Technologische FortschritteDank technischer Innovationen hat gerade die Wirbelsäulenchirurgie enorm an Sicherheit gewonnen und große Fortschritte gemacht. Dieser Umstand zog schon im Laufe meiner medizinischen Ausbildung mein Interesse an und bis heute habe ich meine Spezialisierung auf die Wirbelsäulenchirurgie nicht bereut. Es bleibt ein spannendes Feld!

Nicht zu vernachlässigen ist natürlich auch der Umstand, dass man als Spezialist für Wirbelsäulenerkrankungen bei erfolgreicher Therapie einen erheblichen Beitrag zur Lebensqualität der Patientinnen und Patienten leisten kann. Rückenschmerzen können Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes „lähmen“. Dabei können Beschwerden an der Wirbelsäule viele Ursachen haben und Diagnose und Wahl der Therapie erfordern vom behandelnden Arzt viel Erfahrung.

Die tägliche Motivation eines Wirbelsäulenchirurgen

Zu Chirurgen gibt es alle möglichen Klischees. Sie hätte schöne Hände, sind zugleich aber die „dummen Handwerker“ unter den Medizinern, sie sind arrogant, Empathie und Zeit für ihre Patienten ist Mangelware und sie geraten in einen wahren Rausch wenn Sie im OP-Saal zu Wagner-Klängen an Ihren Patienten herumschneiden…

Berufswahl WirbelsäulenchirurgeNatürlich ist an vielen Klischees auch ein Fünkchen Wahrheit, Zeit zum Beispiel haben Chirurgen tatsächlich wenig, denn immerhin erfordert die operative Behandlung eines einzigen Patienten oft mehrere Stunden. Wenn die Empathie dabei auf der Strecke bleibt, liegt das aber am Menschen und nicht am Chirurgen.

Was die Rauschgefühle im Zusammenhang einer Operation angeht: Die gibt es tatsächlich und ich bin mir sicher, dass sie eine wichtige Motivation für viele Chirurgen sind. Denn seien wir ehrlich, alle Chirurgen tragen eine enorme Verantwortung, diesem Druck halten nicht alle dauerhaft Stand, vor allem wenn widrige Arbeitsbedingungen hinzukommen.
Auch ich bin trotz meiner langjährigen, beruflichen Erfahrung als Operateur immer wieder von dem Gefühl überwältigt, wenn ich eine Operation erfolgreich beendet habe. Dies hat aber weniger mit makabren Gelüsten zu tun als mit der körperlichen Reaktion auf diese außergewöhnliche Stresssituation.
Der eigene Körper wird während einer Operation, gerade bei Durchführung der wichtigsten Schritte, mit Adrenalin überschüttet. Eigenes Serotonin führt dann gegen Ende der Operation zu einem wirklichen Glücksgefühl. Und wenn der Patient oder die Patientin nach der Operation in der Aufwachphase mit einem Lächeln im Gesicht berichtet: „Herr Doktor, ich habe keine Schmerzen mehr!“ möchte man die eigene Tätigkeit gegen nichts in der Welt eintauschen.

 

Vielen Dank fürs Lesen und einen guten Start in den November!

Für Rückfragen stehe ich wie immer selbstverständlich zur Verfügung.

Weitere Details zu meiner beruflichen Laufbahn finden Sie auch in meinem Lebenslauf als Wirbelsäulenchirurg.

Ihr Dr. med. Charilaos Christopoulos
Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie, ATOS Orthoparc Klinik GmbH, Köln

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