Taube Zehen und Wirbelsäule – welcher Zusammenhang besteht?

Als Wirbelsäulenchirurg bzw. Neurochirurg gehört es zu meiner täglichen Arbeit, die komplexe Interaktion zwischen der Wirbelsäule und dem Nervensystem zu verstehen. In diesem Blogartikel werden wir einen Blick auf den Zusammenhang zwischen Rückenbeschwerden und Taubheit in den Zehen werfen, die verschiedene Ursachen haben können.

Einleitung: Taube Zehen und die Wirbelsäule – ein Blick auf den Zusammenhang

Ein Gefühl der Taubheit in den Fußzehen kann mit Rückenbeschwerden einhergehen. Allerdings können diese Symptome eine Vielzahl von Ursachen haben. Als Neurochirurg ist es für mich von entscheidender Bedeutung, solche Symptome im Kontext der Wirbelsäule zu betrachten, da die ein funktionierendes Nervensystem zu den Aufgaben der Wirbelsäule gehört.

Die Wirbelsäule ist die tragende Struktur, die den aufrechten Gang ermöglicht. Dabei bietet sie im besten Fall sowohl Stabilität als auch Flexibilität, das heißt ermöglicht Beweglichkeit. An der Wirbelsäule verlaufen auch das Rückenmark und die spinalen Nervenwurzeln. Probleme in der Wirbelsäule, wie Bandscheibenvorfälle oder Spinalkanalstenosen, können direkte Auswirkungen auf die Funktion der Nerven haben und dann zu Symptomen wie Rückenschmerzen und Taubheit führen. Hier liegt der Zusammenhang zwischen tauben Zehen und der Wirbelsäule.

Die Bedeutung der Wirbelsäule für das Nervensystem

Als komplexe anatomische Struktur mit miteinander verbundenen Knochen, den Wirbeln, ist die Wirbelsäule auch von entscheidender Bedeutung für das Nervensystem. Mehr über die Anatomie und die Aufgaben der Wirbelsäule können Sie übrigens auf meiner ausführlichen Seite nachlesen.

Im Inneren der Wirbelsäule verläuft das Rückenmark, das eine Vielzahl von Nervenfasern enthält. Dort werden Signale zwischen dem Gehirn und dem Rest des Körpers übertragen.

Spinale Nervenwurzeln nicht nur für Wirbelsäule zentral

Außerdem führen die spinalen Nervenwurzeln, die sich zwischen den Wirbeln befinden, in verschiedene Teile des Körpers. Sie sind für die Übertragung von sensorischen (empfindlichen) und motorischen (beweglichen) Signalen verantwortlich und somit für die normale Funktion verschiedener Körperteile erforderlich.

Probleme oder Schäden an der Wirbelsäule haben dementsprechend eine direkte Auswirkung auf die Funktion der Nerven. Dabei können verschiedene, unterschiedliche Symptome auftreten, wie:

• Rückenschmerzen
• Muskelschwäche
• Sensibilitätsstörungen
• Gefühlsverlust der Zehen oder Taubheit der Zehen oder Finger und des Beines oder Armes
• Kribbeln der Zehen oder Finger und des Beines oder Armes
• Schwierigkeiten, Koordinationsprobleme und starke Schmerzen beim Gehen
• Schwierigkeiten, Koordinationsprobleme und starke Schmerzen beim Treppensteigen

Entscheidend und richtungsweisend ist bei Symptomen wie tauben Zehen im Zusammenhang mit der Wirbelsäule dann stets individuell im Rahmen einer klinischen Untersuchung einschließlich Magnetresonanztomografie (MRT) zu prüfen, welche Erkrankung vorliegt und dabei eine exakte Diagnose zu erstellen.

Kleiner Exkurs: Ursache von Polyneuropathie

Als Polyneuropathien werden verschiedene Erkrankungen bezeichnet, die das periphere Nervensystem betreffen. Das periphere Nervensystem umfasst jenes Nervensystem außerhalb des Gehirns und Rückenmarks. Wie der Name schon sagt, sind bei der Polyneuropathie gleich mehrere (griechisch: “poly” wie “viele”) periphere Nerven erkrankt, dementsprechend variieren auch die Symptome. Ursächlich für Sensibilitätsstörungen, die prinzipiell an verschiedenen Körperstellen auftreten können, ist z.B.:

• Diabetes mellitus bzw. eine diabetische Polyneuropathie
• eine Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie, also die Krebserkrankung oder die Nebenwirkung bestimmter Medikamente der Chemotherapie
• Alkoholmissbrauch
• Nikotinsucht
• andere VergiftungenAuch in diesen Fällen treten bei Betroffenen Gefühlsstörungen und Taubheitsgefühle in den Gliedmaßen auf.

  

  Mögliche Ursachen von Taubheit in den Zehen

  Neben ernsthaften Beschwerden an der Wirbelsäule kommen bei dem Symptom von tauben Fußzehen auch andere Erkrankungen in Frage, die hier nur kurz angerissen werden. Dazu gehört die Polyneuropathie.

  Differentialdiagnose bei tauben Zehen unerlässlich

  Eine polyneuropathische Erkrankung sollte von einem Bandscheibenvorfall unterschieden und abgrenzt werden und umgekehrt.
  In der Praxis kann es natürlich vorkommen, dass sowohl eine Erkrankung an der Wirbelsäule als auch Diabetes vorliegen. Eine ausführliche Diagnose und auch Ausschlussdiagnose ist nötig, um den Patientinnen und Patienten Therapieangebote und Optionen vorstellen zu können, auch dann, wenn bestimmte Beschwerden auf beide Erkrankungen zurückgeführt werden können.

  Verbindung Taube Zehen und Wirbelsäule

  Der Zusammenhang zwischen Rückenbeschwerden und Taubheit von Zehen und Fingern lässt sich also nicht pauschal herstellen, kann aber individuell gegeben sein und sollte stets geprüft werden. Handlungs- oder zumindest Klärungsbedarf besteht bei länger auftretenden tauben Zehen unbedingt.

  Taube Zehen können auf Spinalkanalstenosen und auch auf Bandscheibenvorfälle hindeuten, die außerdem auch gleichzeitig vorliegen können. Schreitet die Spinalkanalenge fort, kann dies nach den tauben Zehen auch Lähmungen und vegetative Störungen zur Folge haben.

  Bei einem Bandscheibenvorfall, bei dem eine einseitige Symptomatik vorliegt, kann der sogenannte Radikulärschmerz (Radikulopathie) rechts oder links auch ins Bein ausstrahlen. Ein radikulärer, also ausstrahlender Schmerz tritt in dem Bereich auf, in dem der Nerv die Haut versorgt und bringt auch Taubheitsgefühle mit sich. In einem solchen Fall liefern die tauben Zehen im Kontext der Wirbelsäule diagnostisch einen bedeutenden Hinweis darauf, dass der Nerv beeinträchtigt ist.

  Taubheit von Zehen und die komplexe Beziehung zur Wirbelsäule

   

  Rückenschmerzen und Probleme an der Wirbelsäule können Zusammenhang mit neurologischen Symptomen wie tauben Zehen oder Fingern stehen. Oft werden die Beschwerden von Betroffenen einfach als “Ischias” oder Sensibilitätsstörungen bezeichnet.

   

  Unsere Zehen sind über das Nervensystem mit den Spinalwurzelnerven entlang der Wirbelsäule verbunden. Die Nerven, die die Zehen anregen, sitzen als Spinalnerven in der Lenden- und Sakralregionen der Wirbelsäule (Lendenwirbelsäule und Kreuzbein). Es sind dieselben Nerven, die auch entlang der Beine verlaufen und die Muskeln, Gelenke und die Haut der Füße und Zehen versorgen.

   

   

   

  

  Fazit: Bewertung von Taubheitsgefühlen bzw. Tauben Zehen im Kontext der Wirbelsäule

   

  Wie die Taubheitsgefühle bzw. Sensibilitätsstörungen bewertet werden, wird im Rahmen der klinischen Untersuchung betrachtet. Ein Neurologe kann dabei zusätzlich zur klinischen Untersuchung auch Nervenmessungen durchführen. Je nachdem an welcher Körperstelle die Ursache vermutet wird, ob also zum Beispiel an den peripheren Nerven oder am Rückenmark oder Gehirn, werden elektrodiagnostische Tests oder ein MRT herangezogen.

   

  Durch eine gründliche klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren wie MRT können Neurochirurgen eventuelle Bandscheibenvorfälle, insbesondere an der Lendenwirbelsäule, Spinalkanalstenosen oder andere Erkrankungen der Wirbelsäule genau verorten, die die Nervenkompression verursachen.
  Taube Zehen können aber wie bereits erwähnt auch von anderen Erkrankungen herrühren, daher ist eine individuelle Diagnose unerlässlich, um die Ursache der Symptome zu identifizieren.

   

  Patientinnen und Patienten mit Rückenbeschwerden und Taubheit in den Zehen sollten sich frühzeitig medizinische Hilfe suchen, um eine angemessene Behandlung zu erhalten und so das Risiko der Verschlimmerung der Symptomatik zu senken.