Liebe Leserinnen und Leser,
nach langer Zeit melde ich mich heute mit einem aktuellen Thema, welches die deutsche Wibelsäulengesellschaft im März benannte. Die wirbelsäulenchirurgische Versorgung der Patientinnen und Patienten ist durch die Corona-Pandemie negativ beeinflusst.
Corona bestimmt unser Leben seit mittlerweile über einem Jahr, die Anzahl der Infizierten, Erkrankten, leider auch der Toten, steigt täglich. Das Thema Corona beherrscht alle Medien und ich widme mich heute der Frage, inwieweit mein Fachbereich durch COVID-19 beeinflusst wurde.
Rückgang der Wirbelsäulenoperationen
Bereits im Laufe des Jahres 2020 war es auch für mich in meinem Alltag deutlich spürbar: Die Anzahl der Wirbesäulenoperationen war deutlich gesunken. Dies war natürlich besonders während der Phasen des Lockdown zu spüren, doch auch insgesamt war der Klinikalltag für mich deutlich ruhiger als in den vorangegangenen Jahren.
Diesen Rückgang der Wirbelsäulen-OPs bestätigte die deutsche Wirbelsäulengesellschaft nun in Ihrer Meldung „Engpässe in der wirbelsäulenchirurgischen Versorgung unter COVID in Deutschland“. Sie schreibt, „durch die Corona Pandemie hat sich die wirbelsäulenchirurgische Versorgung der Patienten in Deutschland merkbar verschlechtert. So hat eine Umfrage im Vorstand der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft einen Rückgang der wirbelsäulenchirurgischen Eingriffe um knapp 10% im Jahr 2020 gegenüber 2019 ergeben.“
Gründe für den Rückgang der Wirbelsäulen OPs laut der deutschen Gesellschaft für Wirbelsäulenchirurgie
Einer der wichtigsten Gründe des Rückgangs der OP-Zahlen sei die Bereitstellung der freien Kapazitäten sowie des Personals, einschließlich Pflegekräfte in den Krankenhäuser und Kliniken für die aufwändige Versorgung von an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten. Die Verknappung freier Betten habe indirekt zur Schließung von OP-Sälen geführt, der reguläre Sprechstundenbetrieb wurde in den meisten Krankenhäusern heruntergefahren, schreibt die deutsche Wirbelsäulengesellschaft.
Doch dies ist nur eine Seite der Medaille. Die Angst gerade älterer Patientinnen und Patienten, sich zu infizieren und gegebenenfalls schwer zu erkranken, dürfte in vielen Fällen eine wichtige Rolle beim Rückgang der Wirbelsäulenoperationen gespielt haben.
Dieser Faktor wird besonders deutlich, wenn man sich bewusst macht, dass Kliniken wie die ATOS Orthoparc nicht mit der Versorgung von COVID-19-Erkrankten beschäftigt waren. Als private Klinik, in der hauptsächlich orthopädische Operationen und Behandlungen durchgeführt werden, wurden bei uns keine Corona-Patienten aufgenommen. Und dennoch war die Anzahl der Operationen auch bei uns deutlich gesunken.
Folgen ausgefallener Wirbelsäulenoperationen
10% weniger OPs an der Wirbelsäule mag für viele von Ihnen vielleicht nicht viel klingen, denn immerhin mussten andere Berufszweige – wie etwa das Gastgewerbe – ihre Aktivitäten zeitweise komplett einstellen.
Doch Sie müssen sich bewusst machen, dass hinter jeder nicht durchgeführten Operation ein Mensch und sein körperliches Leiden steht.
Denn die Leidtragenden dieser Situation sind vor allem die Patientinnen und Patienten, bei denen aufgrund starker Schmerzen oder drohenden neurologischen Ausfällen sowie schwergradiger oder stark eingeschränkter Mobilität und Funktionalität, eine Indikation zu einem Wirbelsäuleneingriff gestellt wurde, diese Operation kapazitätsbedingt jedoch nicht stattfinden konnte. Sowie all jene Betroffenen mit starken oder chronischen Rückenschmerzen, die aufgrund Ihrer Angst vor einer Infektion mit COVID-19 gar nicht erst eine Diagnose erhalten haben.
Und obwohl sich viele Kliniken und Krankenhäuser bemühten, die im ersten Lockdown entfallenen Operationen nachzuholen, gelang dies nicht überall. Dies führte nicht nur zu einer „Verlängerung der Leidenszeit der Patienten, sondern auch zu einer Verschlechterung der Operationsergebnisse“ betonte die deutsche Wirbelsäulengesellschaft.
Deutsche Wirbelsäulengesellschaft kritisiert Presse
Die Meldung der deutschen Wirbelsäulengesellschaft zu den gesunkenen OP-Zahlen im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie wiederum hat die Presse genutzt, um die Behautpung aufzustellen, dass der Rückgang der Wirbelsäulenoperationen gezeigt habe, dass viele Eingriffe überflüssig seien.
Dies wurde von unserer Fachgesellschaft stark kritisiert. „Den elektiven Charakter eines operativen Eingriffes mit dessen Sinnlosigkeit gleichzustellen ist absurd“, schreibt die deutsche Wirbelsäulengesellschaft und hat damit vollkommen recht. Denn dass die Behandlung eines Bandscheibenvorfalls oder einer Spinalkanalstenose in den meisten Fällen eher warten kann, als eine COVID-19-Erkrankung, erklärt sich wohl von selbst. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass man die Rückenleiden auch unbehandelt belassen kann.
Ein Ende der Pandemie in Sicht?
Zum Glück ist der Stand der Impfungen auch in Deutschland auf dem richtigen Weg, trotz der Anfangsschwierigkeiten, sodass wir alle hoffen, spätestens gegen Ende dieses Jahres bzw. Anfang nächsten Jahres wieder ein einigermaßen normales Leben führen zu können. Auch in den öffentlichen Krankenhäusern hat sich in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres und in diesem Jahr der elektive Bereich wieder einigermaßen eingelebt.
So möchte ich Ihnen in diesen doch sehr aufregenden Zeiten gute Gesundheit, ein wenig Geduld und ein baldiges Ende der Pandemie wünschen,
Ihr Dr. Christopoulos