Lieber Leserinnen und Leser,
nachdem wir den Kölner Karneval gut überstanden haben, geht es im neuen Blogartikel um ein ganz besonderes Thema, welches viele von Ihnen betreffen wird. Denn Schmerzen im unteren Rücken, oft auch als Lumbalsyndrom, Kreuzschmerzen oder Lendenwirbelschmerzen bezeichnet, sind weit verbreitet und viele Menschen leiden mitunter chronisch unter starken Rückenschmerzen im unteren Rücken.
Im Folgenden stelle ich Ihnen einen neuen Therapieansatz für tieflumbale Rückenbeschwerden vor, also eine neue Therapie für all jene Patientinnen und Patienten, die mit Rückenschmerzen des unteren Rückens zu kämpfen haben.
Jährlich berate ich ca. dreieinhalbtausend Patienten in meiner Sprechstunde. Ein beachtlicher Teil davon hat recht starke Rückenbeschwerden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, ohne dass die Schmerzen in die unteren Extremitäten ausstrahlen, was ein Indiz für Einschränkungen der Nerven im Bereich des Wirbelkanals wäre. Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich sind keine Seltenheit und betreffen sowohl körperlich arbeitende Menschen als auch Büroangestellte bis hin zu Leistungssportlern.
Wenn auch eine klinisch-neurologische Untersuchung mithilfe von bildgebender Diagnoseverfahren wie die MRT (Magnetresonanztomografie), die CT (Computertomografie), Röntgenaufnahmen oder den sogenannten Funktionsaufnahmen keine andere Ursache für die starken Rückenschmerzen im unteren Rücken zeigen, lautet die Diagnose: tieflumbale, unspezifische Rückenschmerzen.
Bisherige Therapiemöglichkeiten bei Schmerzen im unteren Rücken
Sie können sich vorstellen, dass ich als vorwiegend operativ tätiger Neurochirurg vor Jahren bei einer solchen Art von Diagnose wenig tun konnte. Alle diese Patientinnen und Patienten wurden zu den niedergelassenen Orthopäden oder Physiotherapeuten zur konservativen Therapie weitergeleitet.
Das Problem? Der größte Teil davon kehrte nach der durchgeführten Therapie in meine Praxis zurück ohne eine wesentliche Besserung erreicht zu haben.
Doch wodurch werden die Schmerzen verursacht?
Oft sind die Muskeln verantwortlich für Schmerzen im Lendenwirbelbereich
Mithilfe spezieller Tests kann festgestellt werden, ob die Ursache der Kreuzschmerzen vorwiegend in den Muskeln liegt und wenn ja, welcher Muskel betroffen ist.
Ursache chronischer Schmerzen im unteren Rücken kann eine Schwäche des sogenannten Musculus multifidus sein. Während Muskeln wie der Bizeps hinreichend bekannt sind, werden Sie vom Multifidus vermutlich nur gehört haben, wenn Sie bereits aufgrund von Rückenbeschwerden in der Physiotherapie waren.
Seinen Namen erhält er aus dem lateinischen Wort für „vielgespalten“, was verständlich wird, wenn man sich seine Anatomie anschaut. Der Muskel besteht aus vielen kurzen, schräg zwischen den Wirbelsegmenten laufenden Muskeln, die die einzelnen Wirbel unserer Wirbelsäule so miteinander verbindet. Er verläuft komplett entlang der Wirbelsäule und spielt eine große Rolle für deren Stabilität.
Bei beidseitiger Kontraktion des M. multifidus im unteren Rücken wird die Lordosierung der Lendenwirbelsäule unterstützt, also die Biegung der Lendenwirbelsäule nach vorn, was ihrer korrekten Stellung entspricht. Bei Patientinnen und Patienten mit entsprechenden Deformitäten wird versucht, diese Wölbung durch aufwändige Operationen mittels Schrauben und Stäben sowie Käfigen herzustellen.
Im vorderen Körperbereich sind die tiefliegenden Bauchmuskeln (Transversus abdominis) mit derselben Faszie mit dem Multifidus verbunden. Die Muskelgruppen werden bei bestimmten gleichen Aktivitäten beansprucht und spielen eine wichtige Rolle im Erhalt einer korrekten und stabilen Körperhaltung.
M. multifidus – Wie kommt es zu den LWS Schmerzen?
Bei einer entsprechenden Schwäche des M. multifidus leiden die Betroffenen unter chronischen Schmerzen im Lendenwirbelbereich und / oder akut auftretenden Schmerzen im unteren Rücken, zum Beispiel beim falschen Heben von Lasten.
Entstehen kann der sogenannte „Hexenschuss“, eine Zerrung der Lendenwirbelsäule oder chronische Rückenschmerzen des unteren Rückens aufgrund von Ausweichhaltungen.
Die Betroffenen verfallen dabei ungewollt in eine Art Teufelskreislauf. Der erste Auslöser ist häufig eine kleinere Verletzung in einem Wirbelsegment, wie zum Beispiel eine Zerrung. Aufgrund dieser werden bestimmte Bewegungen und Lagen, die die verletzte Muskelgruppe beanspruchen, vermieden. Dies geschieht unbewusst, das Gehirn vermeidet eigenständig den Schmerz. Die Vermeidungshaltungen können dazu führen, dass durch eine unzureichende Aktivierung die entsprechenden Muskelgruppen geschwächt werden.
Im Fall des Multifidus bedeutet eine Schwächung des Muskels jedoch wiederum eine gesteigerte Instabilität der Wirbelsäule, die im Folgenden dazu führt, dass sie leichter in schmerzhafte Positionen gerät.
Ein starker M. Multifidus ist also notwendig um Beschwerden im Lendenwirbelbereich zu vermeiden. Doch wie kann dieser Muskel trainiert werden?
Multifidus Training – Was tun bei einer Muskelschwäche des Rückenmuskels?
Zahlreiche Veröffentlichungen etablierter Physiotherapeuten und Sporttherapeuten weisen auf die hohe Relevanz des M. mulitfidus für die gesamte Stabilität des Körpers hin und beschäftigen sich mit dem Training dieses Muskels.
Aufgrund seiner Lage und Inervation (also der nervalen Versorgung des Muskels) ist es jedoch nicht einfach, den Multifidus zu trainieren und die Ergebnisse sind auch bei geübten Individuen nicht immer die gewünschten.
An dieser Stelle kommt das neue Therapieverfahren in Betracht, welches ich einleitend erwähnt habe. Für Patienten mit einem schwachen M. multifidus gibt es seit kurzem eine Möglichkeit, den Multifidus mithilfe einer sanften Elektrostimulation gezielt zu trainieren.
ReActiv8 – Ein neues System für das M. mulitfidus Training mit erfolgversprechenden Ergebnissen
Bei ReActiv8 handelt es sich um ein System bestehend aus zwei Elektroden, die perkutan im Bereich des Nervs im Lendenbereich, der den M. multifidus aktiviert, platziert werden. Die Elektroden werden mit einem kleinen Generator verbunden, welcher ebenfalls unter der Haut im Bereich des oberen Gesäßes implantiert wird. Über einen Magneten kann der Generator von außen aktiviert werden, sodass der Muskel für ca. 30 Minuten aktiviert (gereizt) wird.
Die Patientinnen und Patienten absolvieren so im Liegen ein tägliches Training von in der Regel etwa 30 Minuten zwei Mal täglich, um den Multifidus zu stärken und die Stabilität der Wirbelsäule wieder herzustellen.
Mittlerweile gibt es die ersten klinischen Ergebnisse aus einer Multicenterstudien mit über 180 Patientinnen und Patienten, die sehr ermutigende Ergebnisse liefert. Bei den StudienteilnehmerInnen konnte eine Schmerzfreiheit von teilweise über 90 Prozent erreicht werden. Weitere Studien werden mit Sicherheit folgen, um die klinische Wirksamkeit dieses Systems zu bestätigen.
Auch ich bin bei neuen Therapieverfahren immer skeptisch und natürlich kommt die Methode ReActiv8 längst nicht bei allen Patientinnen und Patienten mit Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich in Betracht.
Erfahren Sie in Kürze mehr zu der neuen Therapie für unspezifische, tieflumbale Rückenschmerzen auf meiner Webseite.
Ich bedanke mich für Ihre Zeit, bis zum nächsten Mal.
Für Fragen und Anregungen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung, schreiben Sie mir eine Mail an info@dr-christopoulos.de oder rufen Sie mich an unter 0221 484905 4711.
Ihr Dr. med. Charilaos Christopoulos
Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie, OTHOPARC Klinik GmbH, Köln
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Ein Ziehen im Rucken ist nicht immer Vorbote eines Bandscheibenvorfalls. Oft liegt die Ursache in der Verbindung zwischen Wirbelsäule und Becken. Das Iliosakralgelenk neigt bei Überlastung zu schmerzhaften Blockaden.