Lieber Leserinnen und Leser,
herzlich willkommen zum dritten und letzten Teil meiner Serie zur Osteoporose Behandlung. Während ich Ihnen im ersten Teil das Krankheitsbild und seine Ursachen vorgestellt habe, ging es im zweiten Teil um die Methoden, mit denen Osteoporose diagnostiziert wird sowie die Risikofaktoren und Therapiemöglichkeiten einer Osteoporose allgemein.
In diesem Artikel stelle ich Ihnen operative Therapieverfahren bei osteoporotischen Wirbelfrakturen vor, die angewandt werden, wenn eine erfolgreiche Therapie ohne OP aufgrund der späten Diagnose und einer bereits vorliegenden Instabilität der Wirbelsäule nicht mehr möglich ist.
Was jedem Patientin und jeder Patientin dabei jedoch immer bewusst sein sollte:
- Eine effektive Osteoporose Vorsorge, wie im letzten Blogartikel beschrieben, sollte unbedingt ernst genommen werden, wenn Ihnen bereits eine Osteopenie oder Osteoporose im Anfangsstadium diagnostiziert wurde oder Sie zur Osteoporose Risikogruppe gehören. Nur so kann vermieden werden, dass es überhaupt zu Wirbelbrüchen kommt.
- Die operative Osteoporose Therapie bei bereits aufgetretenen Wirbelbrüchen heilt nicht die Osteoporose selbst, sondern nur die Folgen der Grunderkrankung, in diesem Fall die Wirbelfraktur. Auch bei vorliegenden Wirbelbrüchen sollte dementsprechend eine Basistherapie Osteoporose sowie die medikamentöse Therapie langfristig fortgesetzt werden, um die noch nicht betroffenen Knochen und Wirbel vor zukünftigen Frakturen zu bewahren.
Doch wie wird eine Operation bei Osteoporose bzw. Wirbelbrüchen durchgeführt und bei welcher Diagnose sollte die operative Behandlung der osteoporotischen Wirbelfrakturen in Betracht gezogen werden? Und gibt es auch Fälle, in denen eine Wirbelfraktur besser konservativ behandelt wird?
Stabile oder instabile Wirbelfraktur?
Bei nachgewiesenen osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen wird zunächst zwischen stabilen und instabilen Frakturen unterschieden. Für traumatische Wirbelfrakturen ist die sogenannte AO-Klassifikation sehr zuverlässig und durch ihre regelmäßige Aktualisierung immer wieder verwendbar. Die AO-Klassifikation wurde von der Arbeitsgemeinschaft Osteosynthese (Association for the Study of Internal Fixation oder kurz AO Foundation) erarbeitet mit dem Ziel, die Beschreibung von Knochenbrüchen weltweit zu standardisieren.
Für osteoporotische Frakturen wird derzeit durch Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) eine Klassifikation der osteoporotischen Frakturen („OF-Klassifikation“) erstellt. Im Vergleich zur Magerl-AO-Klassifikation ist die OF-Klassifikation mit insgesamt sechs Untergruppen leichter anzuwenden und vermag es, die osteoporotischen Frakturtypen besser abzubilden.
Grob gesagt wird eine Fraktur als instabil bezeichnet, wenn die Stabilität des Wirbelkörpers durch die Fraktur nicht mehr gewährleistet ist. In diesen Fällen ist meist ein signifikanter Höhenverlust feststellbar und die Betroffenen sind nicht selten mit starken Schmerzen konfrontiert. Diese werden z.B. durch abgebrochene oder verschobene Knochenfragmente der Wirbelkörper verursacht, die auf die Nerven oder direkt auf das Rückenmark drücken.
Wann liegt eine Indikation zur Operation bei Wirbelfraktur vor?
Bei stabilen Frakturen kann man sowohl konservativ als auch operativ vorgehen, abhängig vom individuellen Fall. Instabile Wirbelfrakturen sollten in den meisten Fällen operiert werden.
Mit der Hoffnung, dass der Körper sich selbst heilt, entscheiden sich viele Patienten und Patientinnen jedoch für die Einnahme von Analgetika oder das Tragen eines Korsetts, mit der Hoffnung, dass die Zeit den Rest erledigt. Dies ist jedoch bei Osteoporose Patienten, die bereits mit Wirbelkörperfrakturen konfrontiert sind, nur bei einem sehr kleinen Anteil zu erwarten.
In vielen Fällen quälen sich die Betroffenen wochen- oder sogar monatelang mit Schmerzen und schränken sich in ihrem Leben ein, aus der ständigen Angst heraus, aufgrund der schlechten Knochenqualität eine weitere Höhenminderung des Wirbelkörpers zu riskieren.
Insbesondere bei Beteiligung des hinteren Wirbels (Hinterkante) und der partiellen Einengung des Rückenmarkkanals ist meistens die OP-Indikation bei Wirbelfrakturen gegeben, vor allem wenn bereits neurologische Störungen vorliegen oder drohen.
In diesen Fällen beklagen die Patientinnen und Patienten massive Beschwerden, die nicht nur auf Höhe der Fraktur auftreten, sondern auf den gesamten Rücken ausstrahlen. Jeglicher Lagerungswechsel ist hier meist mit massiven Schmerzen verbunden und die üblichen Analgetika helfen kaum noch. Eine Schmerzlinderung verschaffen hier nur noch Medikamente aus der Gruppe der Opioide.
Bei einer anstehenden Operation der gebrochenen Wirbelkörper sind die perkutanen, minimal-invasiven operativen Verfahren vorteilhaft.
Osteoporose Behandlung: operative Verfahren zur Korrektur von Wirbelkörperfrakturen
In dem oben geschilderten Fall einer instabilen Wirbelfraktur wird der Rückenmarkkanal in der Regel mikrochirurgisch freigelegt und gegebenenfalls werden die entsprechenden Fragmente in den betroffenen Wirbel zurückgedrängt. Der gebrochene Wirbel wird dann in der Regel mittels Schrauben-Stabsystemen überbrückt, wobei die Schrauben mit Zement augmentiert werden. In den meisten Fällen müssen auch die Segmente über und unter den betroffenen Wirbelkörpern eingefasst werden, damit die Stabilität der Spondylodese gewährleistet ist.
Bei stabilen, bzw. leicht Instabilen Frakturen stehen dem Operateur zwei Verfahren zur Verfügung:
- die perkutane Vertebroplastie
- die perkutane Ballonkyphoplastie
Perkutane Vertebroplastie bei Wirbelbrüchen aufgrund von Osteoporose
Bei der Vertebroplastie wird der gebrochene Wirbel in Vollnarkose entweder von einer Seite oder von beiden Seiten unter Röntgenkontrolle punktiert, anschließend wird zähflüssiger Zement über eine Kanüle in den kaputten Wirbel implantiert.
Einer der Nachteile des Verfahrens ist die fehlende Möglichkeit, den kaputten Wirbel wieder aufzurichten. Außerdem besteht ein hohes Risiko der Zementleckage, also des Austretens des Zements außerhalb des Wirbelkörpers, meistens durch den Frakturspalt.
Aus diesem Grund verwende ich selbst ausschließlich die sogenannte Ballonkyphoplastie.
Perkutane Ballonkyphoplastie zur Stabilisierung von Wirbelkörperfrakturen
Das Verfahren der Ballonkyphoplastie bei Wirbelkörperfrakturen ähnelt dem der Vertebroplastie sehr. Der Unterschied besteht darin, dass bevor der Zement in den Wirbelkörper implantiert wird, er über zwei, von beiden Seiten stützende Ballons zum Teil oder sogar komplett wieder aufgerichtet wird.
Dabei wird die Spongiosa zusammengedrückt und es entsteht praktisch ein Hohlraum, in welchem der anschließend kommende Zement liegen bleibt. Auf diese Weise sind Zementleckagen sehr viel seltener als bei der Vertebroplastie.
Mithilfe der Ballonkyphoplastie wird zudem die Wirbelkörperhöhe zum Teil wieder hergestellt, was für die sagittale Balance der Wirbelsäule, also die anatomisch physiologische Krümmung der Gesamtwirbelsäule, von großer Bedeutung ist.
Die Operation, egal ob es sich um eine percutane Vertebroplastie oder Ballonkyphoplastie handelt, dauert pro Wirbel etwas mehr als 30 Minuten. Der Patient oder die Patientin verlässt das Krankenhaus praktisch am nächsten Tag oder spätestens nach zwei Tagen.
Nachsorge und Rehabilitation nach der OP bei Wirbelfrakturen
Durch den Zement wird der Wirbel sofort stabil, auch wenn eventuell technisch seine ursprüngliche Höhe nicht wiederhergestellt werden konnte.
Der Schmerz ist rasch verschwunden und die Patienten sind sofort wieder mobilisierbar. Es kann praktisch sofort mit der Physiotherapie zur Kräftigung der Rückenmuskulatur begonnen werden.
Eine Röntgenkontrolle nach zwei Tagen (nach Belastung) und nach ca. drei Wochen ist aus meiner Sicht immer empfehlenswert.
Wenn bei Ihnen Osteoporose oder sogar eine Wirbelfraktur diagnostiziert wurde oder Sie wissen, dass Sie ein hohes Osteoporose Risiko haben, wenden Sie sich gerne an mich und meine Kollegen in der Orthoparc Klinik.
Ich stehe Ihnen gerne mit Anregungen, Diagnosestellung und persönlicher Beratung zur Verfügung.
Vielen Dank fürs Lesen.
Ihr Dr. med. Charilaos Christopoulos
Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie, OTHOPARC Klinik GmbH, Köln