Der Bandscheibenvorfall LWS (Lendenwirbelsäule) gehört zu den häufigsten Leiden an der Wirbelsäule. Viele Patienten haben dabei Angst vor einer Operation. Doch kann ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule auch ohne OP therapiert werden? Wann reichen konservative Therapien nicht mehr aus?
Die Anzahl der in Deutschland durchgeführten Operationen bei Patienten mit einem Bandscheibenvorfall liegt bei ca. 100.000 pro Jahr. Dabei ist bei einem Bandscheibenvorfall nicht immer eine Operation notwendig. Insbesondere wenn die Beschwerden frühzeitig behandelt werden, sind die konservativen Therapien und vor allem abwechslungsreiche Bewegung vollkommen ausreichend zur Linderung der Beschwerden.
Diagnose Bandscheibenvorfall LWS: Operation oder konservative Therapie?
Als erfahrener Wirbelsäulenchirurg habe ich täglich mit Rückenschmerzpatienten zu tun. Ich bin immer wieder erstaunt, wie die Patienten die Diagnose eines Bandscheibenvorfalles in der Lendenwirbelsäule (LWS) hinnehmen. Die meisten Patienten sind erschrocken, haben Angst und fragen mich, ob sie unabhängig von der Behandlung ihr Leben weiterhin so führen können, wie bisher.
Dabei sollte nicht vergessen werden, dass der Bandscheibenvorfall die häufigste Erkrankung des erwachsenen Menschen ist. Unsere Wirbelsäule ist tagtäglich einer enormen Belastung ausgesetzt und ungefähr 50% der Patienten mit einem kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorfall haben gar keine Beschwerden!
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Die Entstehung eines Bandscheibenvorfalles ist den meisten Menschen vertraut. Informationen finden sich auf fast jeder Internetseite orthopädischer Kliniken oder auch auf Gesundheitsportalen, und viele Patienten kommen bereits informiert in meine Praxis.
Die Erkrankung basiert auf einem zunehmenden Verschleiß mit Flüssigkeitsverlust und dem entsprechendem Verlust der Elastizität des Bandscheibengewebes. Bei vorliegenden zusätzlichen Rissen im äußeren Ring sind die Voraussetzungen für die Entstehung eines Bandscheibenvorfalles vorhanden. Hier reicht eine falsche Drehbewegung bzw. ein Verhebetrauma, um einen Bandscheibenvorfall auszulösen. Lesen Sie gern detailliert zur Entstehung des Bandscheibenvorfall LWS auf meiner Webseite.
Symptome und Beschwerden bei einem Bandscheibenvorfall LWS
Wie bereits erwähnt, wird ein Bandscheibenvorfall von vielen Patientinnen und Patienten gar nicht bemerkt. Beschwerden können für Betroffene jedoch auch unerträglich werden.
Typische klinische Zeichen sind tief lumbale Rückenbeschwerden, also Schmerzen im unteren Rücken und Lendenbereich, gegebenenfalls mit Ausstrahlung in das eine oder andere Bein.
In fortgeschrittenen Fällen sind Gefühlsstörungen wie „Ameisenlaufen“, Taubheitsgefühle sowie Minderbewegung von bestimmten Muskelgruppen ebenfalls vorhanden.
Linderung der Beschwerden bei Bandscheibenvorfall LWS – erste Maßnahmen ohne Operation
Erfahrungsgemäß bessern sich die Beschwerden in den nächsten 48 Stunden, ohne dass hierfür etwas Besonderes unternommen werden muss. Entlastung der unteren Bandscheiben durch Liegen sowie entsprechende schmerzlindernde und abschwellende Medikamente helfen meistens gut.
Innerhalb der nächsten 14 Tage kommen die Beschwerden unter Fortführung der Schmerzmedikation und mäßiger Bewegung zum Abklingen.
Nach der Diagnosestellung sollte anschließend jedoch eine sogenannte Rückenschule mit Kräftigung der Bauch- und Rückenmuskulatur erfolgen. In der akuten Phase helfen auch bildgesteuerte Infiltrationen (Röntgen oder Computertomogramm) in der Nähe der durch den Bandscheibenvorfall gereizten Nervenwurzel sehr gut. So werden mehr als 90% der Patienten behandelt.
Operation oder konservative Therapie beim Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule
Was passiert aber mit dem Rest der Patienten, der auch nach sechs oder acht Wochen weiterhin unter teils störenden Beschwerden leidet? Was ist, wenn der Fuß beim Laufen wegknickt, hängen bleibt oder wenn die Fußaußenseite oder Fußsohle taub sind?
Mit dieser Frage bin ich tagtäglich konfrontiert und ich habe es zu meiner Aufgabe gemacht, die Patienten so ausführlich wie möglich zu beraten und eine geeignete Behandlung zu finden.
In der Fachliteratur beschrieben sowie von den verschiedenen Fachgesellschaften empfohlen, ist bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall zunächst eine konservative Therapie für ca. sechs bis acht Wochen nach Diagnosestellung. Dabei können alle oben von mir erwähnten Behandlungsmaßnahmen angewendet bzw. kombiniert werden.
Davon werden die Patienten ausgenommen, die schon bei der Diagnosestellung fortgeschrittene Gefühlsstörungen sowie mittelschwere Lähmungserscheinungen aufweisen. Diese sollten relativ zügig operiert werden.
Bei den anderen Patienten sollten die knapp zwei Monate andauernde konservative Therapie eingehalten werden.
Was geschieht, wenn die Beschwerden trotz Behandlung nicht abklingen?
Ab diesem Zeitpunkt wird für die Betroffenen meist unangenehm. Die Angst kann ich in den Augen der Patienten erkennen, sobald ich das Wort „Operation“ erwähne. Durch innovative Techniken wurden in der Wirbelsäulenchirurgie enorme Fortschritte erzielt. Doch die Angst der Patienten vor einer Operation ist ebenso groß wie noch vor 20 oder 30 Jahren.
Das Ziel einer Operation ist die mikrochirurgische Entfernung des „Übeltäters“, sprich des Bandscheibensequesters, der die Nervenwurzel stört. In den letzten Jahren kommen zunehmend endoskopische Verfahren zur Anwendung, wobei nicht alle Pathologien so erreicht werden können.
Die Operationsmethode bei einem Bandscheibenvorfall kann erst nach eingehender Untersuchung individuell festgelegt werden.
Therapie Bandscheibenvorfall LWS – Vertrauen braucht oft Kontrolle
Nach meiner Erfahrung schotten sich die Betroffenen nach einer Diagnose zunächst ab. Die Angst vor einer Fehldiagnose ist besonders groß, wenn eine Operation ansteht. Dabei ist es hilfreich, den Patientinnen und Patienten an einen erfahrenen Kollegen zur Einholung einer Zweitmeinung weiterzuleiten. Nur so kann der Patient von der Wichtigkeit der Behandlung überzeugt werden.
In den meisten Fällen kehren die Patienten nach einer zweiten Beratung bei einem Kollegen zurück und lassen sich mit Vertrauen von mir behandeln.